Die Kraft der Dunkelzeit – ein Plädoyer fürs Älterwerden

 
 
 

In unserer Gesellschaft ist das Älterwerden ein schwieriger Abschnitt… nicht nur für Frauen, die mit der Menopause und dem Wechsel plötzlich vor regelrechtem Stress stehen… der Körper verändert sich, das zyklische Sein bricht auf und plötzlich *zack … tut man alles, um ja nicht alt zu werden… Oder besser gesagt: um ja nicht alt auszusehen beim Älter werden… Betrifft Männer natürlich auch so, aber sie kommen in unserer Gesellschaft etwas besser weg.

Selbstoptimierung beginnt zu greifen… Haare wollen gefärbt werden (und ausgezupft, denn plötzlich wachsen die an allen möglichen und unmöglichen Stellen!) Das Fitnessstudio ruft laut, um den Körper zu shapen. Der Jugendwahn bricht aus und führt den Weg in die Beautyklinik für ein Botoxspritzerl on the go. Oder vielleicht doch noch zusätzlich da und dort eine Straffung oder Unterspritzung… Oder falls der Busen plötzlich zu fromm wird, wenn er auf die Knie fällt – das geht keinesfalls! Dem schafft frau locker Abhilfe – vom Pushup-BH bis hin zur OP.  Da kommt dann auch schon mal das Fett weg.

*uff*

Ich lass das mal kurz wirken…

Dieser Moment des Älterwerdens, wenn du realisierst, dass der Weg steil bergauf im Leben allmählich den Peak erreicht hat. Die Kurve abzuflachen beginnt. Wenn Produktivität und Leistung abfallen, was in unserem linearen Zeitverständnis ja überhaupt nicht gern gesehen wird. Denn Altwerden bedeutet Schwäche. Verfall. Abstellgleis. Niemand will das. Niemand findet das leiwand.

Aber:

Das Leben spielt nun mal so auf diesem Planeten. Ein Naturgesetz, dem wir alle unterliegen. Es ist der Lauf der Spirale des Lebens, in dem nach der weißen Kraft der heranwachsenden Jugend und Adoleszenz die rote Kraft im Erwachsenensein die Fülle und die Höhe der Schaffenskraft gelebt werden. Und sich dieser Zyklus dann irgendwann umdreht und von der roten in die schwarze Kraft zu bewegen beginnt.

  • Wie der Mond… es kann nicht ewig Vollmond sein, denn irgendwann führt der Weg in die Dunkelheit.

  • Und wie in der Natur: es kann nicht ewig Sommer sein, denn irgendwann führt der Weg in den Herbst und Winter.

Übrigens: Dunkelheit ist hier ganz wertfrei gemeint. Einfach als der natürliche Gegenpol zur Helligkeit. Wie Nacht zu Tag. Zwei Seiten, die zu einer Ganzheit gehören. UND DOCH: … wenn ein Aspekt der beiden Seiten der Medaille nicht in gesunder Form lebendig sein darf… Wenn ein Teil verdrängt wird… dann beginnt das Gleichgewicht zu kippen. Der ungelebte Teil beginnt versteckt zu brodeln und zu pervertieren und sucht sich einen anderen Weg zurück ins Leben… und wird möglicherweise böse… und das bringt mich zur philosophischen Frage weiter unten.

Doch schauen wir zuerst mal hier weiter: die “gesunde” Dunkelheit bringt Ruhe. Und in dieser Ruhe liegt eine ganz neue, stille Kraft. Es geht in dieser Lebensphase um eine bewusste Reise in die Geborgenheit der Dunkelheit. In die Ruhe. Aus der sich eine neue Kraft entfalten darf. Eine Kraft, die in der Stille wirkt. Eine Kraft, die leise ist. Und dennoch stark. Bei der es weniger ums Tun geht, sondern mehr ums Sein. Eine Kraft, zu der wir stehen sollten. Eine Kraft, die all die Erfahrung und Weisheit, die das Älterwerden mit sich bringen, als Schatz und Potential in die Gesellschaft zurückführt. Um diese in Balance zu halten. Und um ein Gleichgewicht zu schaffen.

In indigenen Kulturen funktioniert das. Zumindest weit besser als bei uns. Denn die Alten und die Ältesten haben dort ein besseres Standing. Sie werden gesehen. Gehört. Wertgeschätzt. In ihrem Sein als wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft erkannt. Und als solche sogar als TrägerInnen der Gesellschaft verstanden. Sie werden als Älteste gesehen. Als alte Weise geehrt. Nicht am Abstellgleis, sondern mitten drin im Leben.

Wieso ist das bei uns so anders in der modernen Leistungsgesellschaft? Bringen wir das nicht besser hin? … wieso finden wir keinen liebevollen und gelassenen Umgang mit dem Wachsen der schwarzen Kraft, mit den Älteren in unserer Gesellschaft, mit der Dunkelzeit im Leben? Warum erkennen wir das nicht als wichtigen Teil unseres Lebens und unserer Gesellschaft an? Wertschätzend. Liebend. Als das, was es ist…

Und das bringt mich nun zu meiner philosophischen Frage - nämlich:

Was geschieht, wenn die Dunkelheit keinen angemessenen und wertgeschätzten Platz im Leben einer ganzen Gesellschaft erhält?

Könnte es sein, dass sich diese Kraft - nun möglicherweise in bereits pervertierter Form - ihren ursprünglichen natürlichen Raum zurückerobern möchte?

Könnte es sein, dass in Europa und Amerika – in den „zivilisierten, westlichen Industriegesellschaften“ – derzeit das kollektive Sein vielleicht deshalb so aus der Balance geraten ist, weil uns der gesunde Zugang zur dunklen Kraft fehlt?

  • Weil wir für die gesunde Dunkelheit keinen natürlichen Platz in unserem modernen Leben einräumen?

  • Weil licht und hell und jung eindeutig als besser betrachtet wird als dunkel, grau und alt?

… Zeitfenster zum Nachdenken …

Ich weiß es nicht. Aber ich denke, es ist wert, diesen Gedanken einmal aufzugreifen und ich erlaube mir, dies mal als Hypothese ins Feld zu legen.

Doch eines weiß ich ganz sicher!

Ich steh selbst an genau dieser Schwelle in meinem Leben. Und ich hab keine Lust drauf, diese nun kommende Zeit mit meinem Eintreten in die schwarze Kraft, in den Herbst meines Lebens und in mein nicht-mehr-zyklisches Leben so zu leben, wie es in unserer Gesellschaft üblich geworden ist…

Ich bin überzeugt, dass es anders gehen kann. Leicht und lebendig und mit einem Funkeln in den Augen – und vielen Falten rundherum, die mit meinem Lachen im Herzen und meinem Silber im Haar um die Wette strahlen.

Ich bin überzeugt, dass es nicht nur mir so geht. Lasst uns gemeinsam dieses Kapitel neu aufschlagen. Ohne Tabu. Ohne Jugendwahn und ohne Selbstoptimierung. Einfach echt, ehrlich und pur.

Denn es ist nicht das Ende - es beginnt nur ein neuer Zyklus im Leben.

Ich glaub, es ist höchst an der Zeit, das Älterwerden in unserem so modernen Leben aus einer neuen Perspektive zu betrachten (oder ist es vielleicht in Wahrheit ein ganz alter Blickwinkel?).

Für uns persönlich – und auch die, die nach uns diesen Weg gehen.

Lasst uns das Älterwerden in Würde und Wertschätzung tun. Lasst und das Älterwerden feiern. All die Qualitäten, die in dieser Lebensphase liegen, ganz intensiv dorthin zurückholen, wo sie hingehören: nämlich mitten ins Leben. Mitten in unsere Gesellschaft. Mitten in unser Sein. Denn dann finden wir in eine natürliche Balance zurück. Jedenfalls persönlich. Und wer weiss… vielleicht tut es irgendwann auch unsere Gesellschaft.

Wenn du dich gerufen fühlst und diese Idee bewusst mittragen und selbst leben möchtest, dann schau mal bei meinem neuen Programm vorbei:

WANDEL.WEISE – der Weg des bewussten Wechsels.

… auch wenn WANDEL.WEISE. jetzt zwar für Frauen konzipiert ist, fühlst du dich hoffentlich auch als Mann ermutigt, die Dinge für dich neu zu betrachten. Denn du bist sicher nicht allein! …

Und hey! Ich find’s echt leiwand, dass du bis hierher gelesen hast… dann gibt’s ja Hoffnung *zwinker

Und ja, vielleicht möchtest du ja auch ganz in diese natürlichen Zyklen der Zeit eintauchen und die Kräfte im Lauf eines ganzen Jahres hautnah erleben und verstehen?

Dann komm in mein RAD DES LEBENS

1 JAHR - 8 TAGE - 1 KREIS

Wie auch immer deine Antwort auf diese Frage aussehen mag…

Lass uns erforschen, welche Schönheit das Älterwerden mit sich bringt.

Lass uns echt sein – ohne Filler und Lidstraffung.

Lass uns den Blick für die Kraft der Dunkelzeit schärfen – auch wenn die Sicht vielleicht nachlässt.

Lass uns das Leben tanzen – auch wenn der Bauch seinen eigenen Rhythmus findet.

Lass uns das Leben feiern. Jedes graue Haar willkommen heissen, auch wenn es wächst, wo es will.

Doch viel mehr noch:

Lass uns die Dunkelzeit annehmen. Ihr - und uns in unserem Älterwerden - liebevoll Raum geben. Damit sie als gesunde, starke und balancierende Kraft ins Leben zurückgeholt wird. Und uns ganz macht.

… uns persönlich. Und vielleicht eines Tages auch unsere Gesellschaft.

 
Himmel und Erde